„Mögen die Roboter kommen – aber die Philisteria bleibt!“ Bericht zum 138. Stiftungsfest unserer lieben Philisteria mercatura im Annahof

Zum Jubiläum des 138-jährigen Bestehens unseres Bundes wurden traditionell am letzten Samstag im September die Feierlichkeiten begangen und das Stiftungsfest wie schon in den letzten Jahren in den schönen Räumlichkeiten des Annahof gefeiert.

Die Chargia, Senior Mehmet C. Bicer al. Qualm, Consenior Eric Vajda al. Zappralott und Fuxmajor Bastian Bujnoch al. Columbus zogen unter Begleitung der JFG-Bigband, die den Festcommers, ebenso wie BB Erich Schulz al. Claviator am Klavier, über den ganzen Abend hinweg begleiten sollten, in den Anna-Saal ein. 

In seiner Begrüßungsrede blickte der Senior zurück auf seine „Philisteria-Laufbahn“:

Als ich vor 9 Jahren meine Unterschrift auf dem Anmeldebogen gesetzt hatte, war mir noch nicht bewusst, wie Veranstaltungen ablaufen und was wir hier überhaupt machen. Ich mag mich nicht mehr an das genaue Datum erinnern, aber woran ich mich definitiv erinnern kann, ist, dass ich noch direkt vor dem Anschlag des FCs unterschrieben habe – Auch dass an dieser Veranstaltung „Fuxen Spiele“ stattgefunden haben – Doch was ich von diesem Abend mitgenommen habe, ist nicht, dass wir ein Spiel gewonnen haben, sondern dass ich hiervon ein Teil sein möchte.

Während diesen 9 Jahren hatte ich die Freude und Ehre, bei zahlreichen Veranstaltungen teilzunehmen und die Traditionen näher zu erleben, mit Freunden und Bundesbrüdern, egal ob alt oder jung, schöne Abende zu verbringen, an Festen und Partys im Keller bis Sonnenaufgang zu feiern,  sogar an zwei Hochzeiten teilzuhaben, selbst Veranstaltungen zu planen und durchzuführen und sowohl gute als auch nicht so gute Momente zu erleben – Und ich habe die Ehre, 9 Jahre später, hier am Präsid als amtierender Senior zu stehen.

Jeder von uns hat Erinnerungswertes mit unserer Philisteria mercatura erlebt und jeder von uns trägt zu der Geschichte von 138 Jahren Philisteria mercatura bei, sei es mit großem oder auch kleinem Anteil.

Nachdem Kantus „Die Gedanken sind frei“ durfte sich die Festcorona auf die Rede der amtierenden Schulleiterin des Jakob-Fugger-Gymnasiums Oberstudiendirektorin Angelika Felber freuen.

In Ihrer kurzweiligen Rede stellte die Festrednerin die Verbindung von den neuesten Entwicklungen an Schule im Allgemeinen zu unserem Jakob-Fugger-Gymnasium im Speziellen her:

Ich möchte mit einer kleinen Anekdote beginnen: Sie alle kennen sicher den Filmklassiker „Die Feuerzangenbowle“ mit Heinz Rühmann. Besonders die berühmte Spickszene bleibt unvergessen. Der Schüler Knebel wird vom Professor Dr. Brett aufgefordert, über die Völkerwanderung zu referieren, doch er ist ratlos. Erst als ihm der Schüler Pfeiffer mit drei f mit einem reflektierenden Spiegel unauffällig Hinweise gibt, gelingt es ihm, die Wanderung der Goten von Schweden aus nach Danzig und dann die Spaltung in die Ost- und Westgoten halbwegs flüssig darzulegen.

Die Formen des Unterschleifs haben sich deutlich weiterentwickelt. Auch der uns allen wohl bekannte Spickzettel ist passé, stattdessen boten Smartphone und Smartwatch lange Zeit neue Möglichkeiten, unerlaubt auf das Internet zu zugreifen. 2024 gibt es eine neue Technik: Spicken mit ausgeklügelter und leicht anwendbarer Kamera- und Kopfhörertechnik. In einigen Schulen in Augsburg kamen bereits Detektoren zum Einsatz, um diese Form des Schummelns zu entlarven. Klar wird schnell, dass sich hier ein tiefgreifender Transformationsprozess ankündigt, eine Revolution des Lernens und auch Lehrens.

Was heißt das für uns am JFG konkret? Eine Lernumgebung, die unserem Leitbild gerecht wird: Wir als Schule wollen “gemeinsam Vielfalt leben Horizonte erweitern und Persönlichkeit stärken” Solides Fachwissen, zentrale Konzepte müssen erlernt und gefestigt, geübt und angewandt werden, das kann auch in einem abwechslungsreichen, interessant gestalteten, lehrerzentrierten Frontalunterricht geschehen. Daneben haben sich im, aber auch außerhalb des regulären Unterrichts in den letzten Jahren immer mehr Projektarbeitsphasen an den Schulen, auch am JFG etabliert.

Eines bleibt sicher: Die Lehrer werden auch in Zukunft gebraucht. Nicht nur als Wissensvermittler, sondern als diejenigen, die die Menschen hinter den Maschinen sehen. Die Beziehungen, die in der Schule entstehen – zwischen Lehrern, Schülern und auch hier in dieser Gemeinschaft – bleiben das, was uns wirklich prägt. In diesem Sinne:

„Mögen die Roboter kommen – aber die Philisteria bleibt!“

Das Totengedenken wurde in diesem Jahr von BB Andreas Gumpp al. Primator gehalten:

Wie leicht fällt es uns heute, Fakten in kürzester Zeit mittels digitaler Helfer zusammenzustellen. Aber wie sieht es mit den Menschen aus, die vor 130 Jahren gelebt haben? Was wissen wir über unsere Gründungsmitglieder außer den Namen in Urkunden? Was waren ihre Stärken und Schwächen, ihre Macken und Schrammen? Waren alles gute Menschen? Wären uns alle sympathisch gewesen? Mit wem hätten wir gerne ein Bier getrunken? Wie schnell ist dies nach einigen Generationen doch vergessen.

In unserer heutigen Welt, in der wir oft versuchen, den Tod aus unserem Leben wegzudenken und ihn hinter einer Fassade von Alltag und Routine zu verbergen, ist es für mich umso wichtiger, dass wir uns jedes Jahr in einem Totengedenken auf unserem Stiftungsfest an unsere verstorbenen Bundesbrüder und -schwestern erinnern. Viele Verstorbene der letzten Jahre sind uns noch gut im Gedächtnis, andere Erinnerungen fangen nach einigen Jahrzehnten langsam zu verblassen. Umso wichtiger ist es, dass wir hier allen gedenken, die sich seit der Gründung um unseren Verband verdient gemacht haben.“ Der Abend endete mit einem schallenden „Oh Alte Burschenherrlichkeit“ und dem Auszug der Chargia. Vielen Dank für ein sehr gelungenes Stiftungsfest, das sowohl noch am späten Abend in Philisteriakeller, als auch am nächsten Morgen beim „Turamichele“-Besuch mit anschließendem Frühschoppen seine Fortsetzung fand.

137. Stiftungsfest im Annasaal

Im Prinzip ist ein Stiftungsfest nichts anderes als eine Geburtstagsfeier – nicht der Geburtstag eines Menschen, sondern der eines Vereines. Was wiederum seinerseits ein schöner Gedanke ist, denn was ist ein Verein anderes als ein Zusammenschluss gleichgesinnter Menschen oder wie in unserem Fall sogar Freunden. 

Unser Senior Luftikus eröffnete den Festcommers mit seiner Rede, in der er sich dem Thema der gemeinnützigen Organisation und dem Vereinswesen im Allgemeinen und später dem Zusammensein und -leben in unserer Philisteria mercatura widmete:

Egal aus welchen Gründen man sich nun auch engagieren mag, der gesellschaftliche Wert ist immens, wenn auch auf den ersten Blick nicht ersichtlich. So kommen Menschen aus unterschiedlichen Milieus, Nationalitäten, politischer Couleur, etc. zusammen und verfolgen ein gemeinsames Ziel, welches ohne das Schließen von Kompromissen, dem gemeinsamen Anpacken und manchmal auch der freiwilligen Übernahme von unangenehmen Aufgaben nicht erreichbar ist. Dies trägt nicht nur zur Integration im Kleinen und Großen bei, sondern schult auch fürs Leben.Egal aus welchen Gründen man sich nun auch engagieren mag, der gesellschaftliche Wert ist immens, wenn auch auf den ersten Blick nicht ersichtlich. So kommen Menschen aus unterschiedlichen Milieus, Nationalitäten, politischer Couleur, etc. zusammen und verfolgen ein gemeinsames Ziel, welches ohne das Schließen von Kompromissen, dem gemeinsamen Anpacken und manchmal auch der freiwilligen Übernahme von unangenehmen Aufgaben nicht erreichbar ist. Dies trägt nicht nur zur Integration im Kleinen und Großen bei, sondern schult auch fürs Leben.

Wenn ich mich nun an meine Anfangszeit hier in der Philisteria mercatura zurück erinnere, habe ich nicht nur das Bedienen der Spülmaschine und das richtige Einräumen des Kühlschranks erlernt, sondern auch die Planung und Durchführung von Veranstaltungen, das Reden vor größeren Menschengruppen und den diplomatischen Umgang mit Menschen, die nicht ganz auf meiner Wellenlänge waren. All das sind Dinge, die ich später im Berufsleben regelmäßig nutzen musste, bzw. immer noch nutze.

Das Wichtigste allerdings ist, dass ich hier Freunde fürs Leben gefunden habe. Menschen, die ich sonst wahrscheinlich nie getroffen hätte.

Festrednerin des Abends war Maria Theresia Gräfin Fugger von Glött. Mit Ihren Ausführungen zu Jakob Fugger im Rahmen des 132. Stiftungsfestes war Sie noch einigen in gute Erinnerung geblieben. 2018 hatte Sie an unserem Stiftungsfest „in der Schule“, also in der Aula des Jakob-Fugger-Gymnasium, ebenfalls die Festrede gehalten und die Corona mit Details zum Leben des berühmtesten Familienmitgliedes begeistern können. Und auch in diesem Jahr ging es um die Familie Fugger, dieses Mal aber eben mehr um die Familie, das Weitergeben der Tradition, aus der Familiengeschichte entstehende Verpflichtungen, wie die Bewahrung und den Erhalt der fuggerschen Vermögenswerten und Besitzungen.

Stiegen die Fugger zunächst über das Geschäft mit Webwaren in drei Generationen zur führenden Kaufmannsfamilie der Reichsstadt auf, gelang es schließlich Jakob Fugger dem Reichen aufgrund seiner Beziehung zu den Habsburgern, durch Verknüpfung von Edelmetall,- Waren- und Finanzierungsgeschäften als erfolgreichster Bankier seiner Zeit in die Geschichte einzugehen. Unter seinem Nachfolger Anton verlagerten sich die Geschäfte. Mit den Erträgen aus dem Handel erwarben drei Generationen bis 1600 umfangreichen Grund- und Herrschaftsbesitz, der seit Anton Fugger zur neuen wirtschaftlichen und sozialen Basis der Familie wurde und auch die Familie wandelte sich: Aus Kaufleuten wurden Adelige, die wichtige Positionen in Kirche und Reich errangen. Mit einem Teil ihres Vermögens gründeten die Fugger eigenständige Stiftungen, um deren Fortbestand sie sich bis zum heutigen Tag kümmern.

Im Nachgang zum Vortrag konnten die Besucher des Stiftungsfestes auch noch persönliche Fragen stellen. So erfuhr die Corona beispielsweise, dass Wald und Forst über die letzten Jahrhunderte eine sehr wertstabile Vermögensanlage war und auch dem Wahrheitsgehalt geschichtlicher Romane zur Familie Fugger wurde auf den Grund gegangen.

Die JFG Junior Band nahm den Faden gekonnt auf und sorgte in der anstehenden kurzen Pause mit dem Song „I need a Dollar“ für ausgelassene Stimmung im Festsaal.

Ganz im Sinne der Zeile „Student sein, wenn der Sang verklungen, der deinem Lenz einst Flügel lieh“ musste auch in diesem Jahr wieder Abschied genommen werden – Nach dem Cantus „Vom hoh’n Olymp herab“ fand BB Rasmus schöne und eigehende Worte, die mit einem Trauerselentium endeten.

Den Auszug begleitete einmal mehr die gut aufgelegte JFG Junior Band und sorgte für einen schwungvollen Abschluss der Feier im Anna-Saal. Dies sollte jedoch noch nicht der Abschluss der Stiftungsfestfeierlichkeiten sein, denn im Philisteria-Keller waren Bundesbrüder bereits fleißig gewesen und hatten unsere Gewölbe in einen kleinen Jazz-Club mit Bar (Kein Lokal!) verwandelt.

So endete also die Geburtstagsfeier unserer lieben Philisteria mercatura. Es war kein runder Geburtstag mit großem Aufgebot, sondern eben ein kleinerer Ehrentag – nichtsdestotrotz, oder vielleicht gerade deswegen, herrschte eine wunderschöne familiäre Stimmung.